Klimawandel, Coronakrise, Ukraine-Krieg und jetzt eine Energiekrise. Aktuell stolpern wir von einer Krise in die andere. Unsicherheit macht sich breit, während jedoch eines sicher ist: Unsere Lebensweise, der Konsum, unser Verbrauchsverhalten wirken sich enorm auf die Umwelt aus. Sie sind Auslöser bzw. Verstärker solcher Krisen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt ist von zentraler Bedeutung, damit die Erde auch nach Jahrhunderten für weitere Generationen bewohnbar bleibt. Schließlich tragen wir Menschen nicht nur Verantwortung für die Gegenwart, sondern auch für unsere Nachkommen in der Zukunft. Dieses Anliegen wollen wir beim diesjährigen Tag der offenen Moschee in den Mittelpunkt stellen mit dem Motto: „Knappe Ressourcen – große Verantwortung“.
Die Welt steht bereits heute aufgrund knapper Ressourcen vor erheblichen Problemen. Hochrechnungen zufolge wurden bereits im Juli die jährlich zur Verfügung stehenden Ressourcen der Erde aufgebraucht. Laut der Global Footprint Network bräuchte die Weltbevölkerung 1,75 Erden mehr, wenn sie ihren aktuellen Ressourcenverbrauch beibehält. Auch die Folgen des Ukraine-Kriegs sorgen aktuell für eine Energie- und eine Lebensmittelkrise, deren Verlauf unabsehbar sind. Aus diesem Grund ist jeder Einzelne verpflichtet, in sich zu gehen, und seinen Umgang mit Ressourcen zu überdenken.
Dem Menschen anvertraut
Nach islamischem Verständnis hat der Mensch eine besonders hervorgehobene Stellung in der Schöpfung. Alle Ressourcen sind Gaben Allahs, die der Mensch nutzen, verwalten, bebauen, bewohnen kann. Gleichzeitig trägt er die Verantwortung, die Erde zu bewahren und zu beschützen. Er ist verpflichtet, die Welt klug und bewusst zu gestalten. Denn sie wurde ihm anvertraut. Er ist für sie verantwortlich und darf nicht verschwenderisch mit ihr umgehen. Im Koran heißt es: „Esst und trinkt, aber verschwendet nicht. Wahrlich Allah liebt die Verschwender nicht“ (Sure Araf, 7:31)
Der Islam verbietet Verschwendung und lädt stattdessen zu Umsicht und Bescheidenheit ein, wie die folgende Überlieferung verdeutlicht: Eines Tages kam der Prophet Muhammad (s) zu Sâd (r) und sah, dass dieser mehr Wasser für die Gebetswaschung benutzte als nötig gewesen wäre. Er fragte: „Was soll diese Verschwendung?“ Sâd (r): „Kann man denn auch bei der Gebetswaschung verschwenderisch sein?“ Unser Prophet antwortete: „Ja, selbst wenn du dich am Ufer eines [endlos fließenden] Flusses befindest, verschwende nicht.“ (Ibni Mâdscha, Tahâra, 48,1)
Zwar hat der Mensch eine besondere Stellung innerhalb der Schöpfung, doch ist er nicht frei von Fehlern und Makeln. Wichtig ist es, ein maßvolles Leben zu führen. Im Koran heißt es: „Wir haben alles nach Maß erschaffen.“ (Sure Kamar, 54:49) Diesem koranischen Grundsatz folgend ist auch das maßvolle Leben und Handeln mit der Erde ein religiöses Gebot.
Moscheen – klimaneutral und nachhaltig
Verantwortung wird im Islam großgeschrieben. Der Muslim übernimmt Verantwortung für sich, seine Mitmenschen und seine Umwelt. Diese Haltung macht es auch notwendig, dass er ein umweltfreundliches Leben führt, ganz gleich, ob privat oder in der Öffentlichkeit.
Die Verantwortung für den Schutz der Erde ist nicht nur die Aufgabe des Individuums, sondern auch der Gemeinschaft. Angesichts der bevorstehenden Krisen müssen daher auch Moscheegemeinden ein stärkeres Bewusstsein entwickeln und vermitteln. Auch wenn islamische Gemeinschaften in den letzten zehn Jahren bei neuen Moscheebauten zunehmend auf erneuerbare Energie setzen und immer mehr Moscheen klimaneutraler und nachhaltiger ausgestattet werden, müssen sie gerade jetzt noch stärker mit gutem Beispiel vorangehen. Denn Moscheen sind nicht nur Gebetsstätten, sondern auch Orte der Bildung, Begegnung und Sensibilisierung.
In diesem Sinne kann und sollte in Moscheen Sensibilisierungsarbeit etwa in Form von Informationsabenden, Vorträgen, Aktionstagen organisiert werden. Relativ simple Maßnahmen, angefangen von energieeffizienter Beheizung bis hin zum sparsamen Umgang mit der Beleuchtung können in den meisten Gemeinden jetzt schon umgesetzt werden. Auch eine nachhaltige Sanierung sowie der Einsatz erneuerbarer Energien in Moscheegebäuden sollten angesichts der aktuellen Situation vor allem bei neuen Moscheeprojekten vermehrt in Betracht gezogen werden. Mit diesen kleinen und großen Schritten kann jede Moscheegemeinde nachhaltig dazu beitragen, dass die Erde bewohnbar bleibt.